Winterschlaf oder Winter-weg: Tipps für Pilgern auf dem Jakobsweg im Winter

Normalerweise hält der Camino nach Santiago de Compostela von November bis Februar seinen Winterschlaf. Dennoch ist alles eine Frage der richtigen Ausrüstung: Einige Pilger trauen sich auch den Jakobsweg im Winter zu gehen. Sie werden belohnt durch eine einmalige Ruhe in der winterlichen Natur. Der sogenannte Winter Camino kann beginnen.

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Wenn du als interessierter Pilger das erste Mal von der Möglichkeit hörst, den Jakobsweg im Winter zurückzulegen, wirst du dich zunächst wahrscheinlich ein wenig verwundert fragen, ob dies zum einen grundsätzlich machbar und zum anderen auch tatsächlich ratsam ist.

Vorteile des Winterpilgerns

  • Weniger Pilger, mehr Ruhe: Im Winter sind weniger Menschen unterwegs, was mehr Raum für persönliche Reflexion bietet.
  • Die Freude der Stille: Die Wintermonate bieten eine einzigartige Gelegenheit, die Stille der Natur und der Dörfer entlang des Weges zu genießen.
  • Authentischere Dörfer: Im Winter erlebt man die Dörfer entlang des Jakobswegs in einer authentischeren Atmosphäre, da weniger Touristen unterwegs sind.
  • Eine Erfahrung, die der Erfahrung der Pilger von einst näher kommt: Pilgern im Winter bringt einen näher an die Erfahrungen der mittelalterlichen Pilger, die auch in der kalten Jahreszeit unterwegs waren.
  • Es ist nur kalt, wenn man falsch angezogen ist: Mit der richtigen Kleidung und Flexibilität ist die Kälte kein Problem.
  • Die Winterlandschaften: Die Natur zeigt sich im Winter von einer ganz anderen, oft magischen Seite.
  • einfache Gastronomie genießen: Im Winter kann man die lokale Küche, insbesondere warme Eintöpfe, in vollen Zügen genießen.
  • Man muss nicht so früh aufstehen: Da die Hitze kein Problem ist, muss man nicht so früh aufstehen wie im Sommer, allerdings wird es Abends viel früher dunkel.
  • Ein geringeres Serviceangebot aber auch eine geringere Nachfrage: Weniger Herbergen und Restaurants sind geöffnet, aber es gibt auch weniger Nachfrage, was die Planung erleichtert.

Jakobsweg im Winter: Ist das machbar?

Bei näherer Betrachtung wird dir schnell klar, dass der Jakobsweg als Winterweg nicht so selten und ungewöhnlich ist, wie es auf den ersten und erstaunten Blick den Anschein haben mag. Er benötigt allerdings eine bessere Planung als im Sommer.

Du findest auch einige begeisternde Berichte über das Pilgern im Winter. Dort findest du auch nützliche und hilfreiche Tipps über die besten Strecken sowie die richtige Ausrüstung und Kleidung für Wanderungen in der kalten Jahreszeit.

In den folgenden Abschnitten kannst du die besten und sinnvollsten Empfehlungen für die mit knapp 800 Kilometern meist genutzte und auch bekannteste Streckenvariante lesen. Hier wird der „Camino Francés“ unter besonderer Berücksichtigung des Teilstücks „Camino de Invierno“ (Winterweg) durch den Norden Spaniens beschrieben.

Der Winter ist nichts für „Einzelkämpfer“: Pilger sollten auf die Leute vor Ort hören

Jakobsweg im Winter
mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Treiber, https://www.peregrino.de

Generell bedarf der winterliche Jakobsweg eine bessere Vorbereitung als im Frühjahr oder Sommer. Aufgrund der in den kalten Monaten deutlich weniger genutzten Routen wird häufig und zu Recht empfohlen, nicht unbedingt alleine zu gehen, damit im Falle eines Unfalls schnell Hilfe geholt werden kann.

Erfahrene Pilger raten auch davon ab, den Weg im Winter mit dem Rad zurückzulegen, da nasse oder vereiste Straßen ein hohes Risiko darstellen können.

Unbedingt beachtet werden sollten die täglichen Wettervorhersagen in Presse, Funk und Fernsehen oder über eine Wetter-App. Auskunft über die in den nächsten Stunden zu erwartende Witterung erteilen gerne auch die meist sehr freundlichen und hilfsbereiten Einheimischen, die sich über das Mikroklima der Jahreszeiten in ihrer jeweiligen Gegend meist am besten auskennen.

Spanisches Kurzlexikon Wetter:

Mit Deutsch oder Englisch kommt man als Pilger speziell in eher ländlichen Regionen aber meist nicht sehr weit. Einige wenige Brocken Spanisch können aber bei Fragen nach dem Wetter schnell Wunder wirken.

Das Klima – el Clima

Wie ist das Wetter? – Que tiempo hace?

Es regnet – está lloviendo

das Wetter ist bedeckt – el tiempo está nublado

Es ist kalt/ heiß/ sonnig/ windig – Hace frío/calor / sol/ viento

Wettervorhersage – la previsión del tiempo

Wenn du auf deinem Jakobsweg etwas spanisch sprechen und lernen möchtest, findest du auf der Pinnwand „Spanisch lernen“ die besten Möglichkeiten einfach mit spanisch zu beginnen.

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Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die richtige Kleidung und Ausrüstung

Jakobsweg im Winter Kleidung
Foto mit freundlicher Genehmigung von Martin Dex

Da du im Winter natürlich mehr und vor allem auch wärmere Kleidung benötigst, sollte der Rucksack über ein Fassungsvermögen von 50 oder noch besser 60 Liter verfügen. Sinn macht definitiv auch ein Regenschutz für den Rucksack, denn sogar wasserdichte Modelle kommen nach stundenlangen Niederschlägen an ihre Grenzen.

Wenn dir ein derart großes und schweres Gepäck zu viel ist, kannst du auch die Möglichkeit des Gepäcktransfers in Betracht ziehen. Siehe unter Packliste Punkt 18. Über den Inhalt des Rucksacks im Winter herrscht bei Ratgebern zumeist Einigkeit. Auf jeden Fall empfehlenswert sind robuste, stabile und wasserdichte Schuhe mit einem ausreichenden Profil für sicheren Stand. Ebenso unverzichtbar sind warme Mützen sowie Schals und Handschuhe.

Thermokleidung aus leichten, aber eigens für große Kälte konzipierten Fasern ist im Winter gleichermaßen das Mittel der Wahl. Wenig Gewicht sollte auch der obligatorische Kombi aus Regenmantel und Regenhose aufweisen. Dazu gehören Gamaschen über die Schuhe, damit der Schnee nicht in die Schuhe rutscht.

Hier solltest du nicht am falschen Ende sparen, denn die zu günstigen Angebote halten längerem und stärkerem Regen in der Regel häufig nicht allzu lange Stand. Die Regen- bzw. Hardshelljacken sollten über eine Wassersäule von mindestens 10.000 oder zur Sicherheit sogar 20.000 Millimeter verfügen. Da es in den höheren Lagen Galiciens und Kastiliens im Winter häufig stark neblig ist, sind auch Reflektoren für die Kleidung empfehlenswert. So wirst du von Fahrzeuglenkern auch im Morgengrauen und bei einsetzender Dunkelheit deutlich besser und schneller gesehen.

Auf die genauen Strecken kommt es an: Im Winter verschneite Bergpässe meiden

Jakobsweg im Winter Weite
Foto mit freundlicher Genehmigung von Michael Seibold

Grundsätzlich benötigst du im Winter mehr Zeit als im Sommer. Die Tage sind kürzer und es wird schneller dunkel. Deshalb solltest du die Etappen kürzer einplanen. Wenn es sehr kalt ist, wirst du mehrere Pausen benötigen um dich zwischendurch in Restaurants oder Bars aufzuwärmen.

Überhaupt kann das Wetter sehr wechselhaft sein. Heftige Regenfälle Kälte, Schnee und eisige Winde erschweren zusätzlich die Laufleistung. Manchmal kann es sinnvoller sein, einen Tag frühzeitig zu beenden um erst am nächsten Tag wieder loszulaufen.

Haben Pilger-Herbergen im Winter geöffnet?

Camino im Winter gehen?
mit freundlicher Genehmigung von Gerhard Treiber, https://www.peregrino.de

Unbedingt ratsam ist eine genauere Planung der Übernachtungen. Viele Herbergen schließen bereits ende Oktober. Deshalb ist es sogar zu empfehlen, die möglichen Herbergen für den nächsten Tag zu kontaktieren. Eine Liste der geöffneten Winterherbergen findest du auf einer eigens hierfür recherchierten spanischen Seite.

Es gibt Routen, die sich für den Winter bei entsprechender Ausrüstung gut eignen. Hierzu gehört der:

  • Camino Francés
  • der Camino Inglés
  • Caminho Português

Der „Camino Francés“ von Saint-Jean-Pied-de-Port ist über die Pyrenäen nur über Valcarlos freigegeben. Die „Ruta de Napoleòn“ ist vom 1.November bis 31.März gesperrt.

Der französische Weg im Winter weist speziell auf den ersten Etappen durch die Pyrenäen einige Bergetappen in großer Höhe und häufigen Schneefall auf. Dies gilt auch für die Wegvariante des „Camino Aragones“. Ebenfalls bedürfen die Abschnitte durch die weniger hohe, aber im Winter mitunter ausgesprochen kalte Hochebene Kastiliens einiger Ausdauer und Kondition.

Auch der jeweils deutlich kürzere „Camino Inglés“ von Ferrol bzw. La Coruña nach Santiago de Compostela und der „Caminho Português“ zwischen Porto und Santiago gehören zu den relativ häufig begangenen Jakobswegen im Winter und sind auch zwischen November und März gut zu absolvieren.

Abgeraten wird insbesondere die von vielen steilen und gebirgigen Abschnitten geprägten sowie bei Eis, Frost und Schnee nur schwer passierbaren oder gar recht gefährlichen Strecken des „Camino Primitivo“ und des „Camino del Norte“.

Schon vor 400 Jahren fanden einfallsreiche Pilger eine einfachere Wintervariante

O Cebreiro Jakobsweg im Winter
Foto mit freundlicher Genehmigung von Martin Dex

Nichtsdestotrotz lässt sich der „Camino Francés“ bedenkenlos und mit bestem Gewissen als gut geeigneter Jakobsweg im Winter empfehlen. Der in der Kälte möglicherweise problematische Abschnitt des Aufstieges auf den keltischen Gralsberg O Cebreiro (Lugo) in Galicien kann ab Ponferrada auch umgangen werden.

Hierfür bietet sich der im Jahr 1610 erstmals von dem spanischen Kardinal Diego Guzmán de Haros (1566-1631) auf dessen Rückkehr von Santiago gelaufene „Camino de Invierno“ (Winter-Weg) durch die Provinz León in Kastilien-León sowie die Provinzen Ourense, Lugo, Pontevedra und A Coruña in Galicien geradezu idealtypisch an.

Der „Camino de Invierno“ umgeht die Berge

Der Winterweg ist der natürliche Zugang von der spanischen Hochebene Kastiliens nach Galizien. Die Route folgt dem natürlichen Verlauf des wasserreichen Rio Sils durch die Region Valdeorras. Er wurde bereits von den Römern als Alternative Route für den harten Aufstieg im Winter auf den O Cebreiro genutzt.

Jakobsweg im Winter Sonne
Foto mit freundlicher Genehmigung von Michael Seibold

Mit einer Gesamtlänge von 263 Kilometern ist der „Camino de Invierno“ auch hinsichtlich seiner Entfernung und der einzelnen Etappen gut kalkulierbar und kann etwa im Rahmen eines Aufenthaltes während der Weihnachtsferien bequem absolviert werden. Der von der Regionalregierung „Xunta de Galicia“ seit 2016 offiziell als Jakobsweg anerkannte und als mittelschwer eingestufte „Camino de Invierno“ ist auf seiner gesamten Strecke inzwischen lückenlos ausgeschildert.

Wie der im Winter gleichermaßen unter Pilgern populäre Abschnitt des „Camino Francés“ von Sarria über Portomarín, Palas de Rei und Arzúa bis Santiago de Compostela gibt es auch auf dem „Camino de Invierno“ so gut wie keine anstrengenden Höhenunterschiede. Er bietet ein ausreichendes Serviceangebot für das Pilgern im Winter.

Je nach zur Verfügung stehender Zeit bieten sich verschiedene Pilgerstrecken an

Somit stehen den Pilgern je nach individueller Frei- und Reisezeit mehrere mögliche Varianten für den Jakobsweg als Winterweg zur Verfügung. Im folgenden werden einzelne Routenmöglichkeiten aufgezeigt.

Reisezeitraum von einer Woche

Camino Frances von Sarria bis Santiago de Compostela

Wenn Du nur ca. eine Woche oder auch zehn Tage Pilgerzeit übrig hast und in Santiago ankommen möchtest, dann bietet sich für dich der letzte Wegabschnitt von Sarria (Lugo) bis nach Santiago de Compostela an.

Camino Ingles von Ferrol bis Santiago de Compostela

Auch von Ferrol kannst du auf dem Camino Ingles in einer Woche bis nach Santiago pilgern.

Camino Portugues von Tui nach Santiago

Auf dem Camino Portugues kannst du an der Grenze zu Portugal beginnen. Diese Wegvariante ist von den drei beschriebenen Möglichkeiten der vermeintlich einfachste Camino.

Reisezeitraum von zwei Wochen

ab Ponferrada bis Santiago de Compostela

Wenn Du eine Herausforderung liebst, dann ist der Camino Frances ab Ponferrada bis Santiago de Compostela eine landschaftlich wunderschöne, aber auch anstrengende Möglichkeit den Jakobsweg im Winter mit all seinen „Höhen und Tiefen“ erleben zu können.

ab Saint-Jean-Pied-de-Port bis Burgos

Falls du unbedingt in Frankreich die typische Route beginnen möchtest und dir nicht wichtig ist in Santiago anzukommen, ist der Start auf dem Camino Frances ein besonderes Erlebnis. Du kannst diesen Weg für dich so nehmen wie er ist und laufen so weit du kommst. Eventuell möchtest du in einem anderen Jahr dann den Weg dort foortsetzen, wo du ihn aufgehört hast.

Diese Wegvariante ist allerdings nur durch über Valcarlos möglich. Die Strecke über die sogenannte Napoleonroute ist vom 1.11. bis zum 31.3. des Folgejahres gesperrt. Es ist auch dringend davon abzuraten diese Wegstrecke heimlich zu gehen. Wetterumschwung und starke Windböen können innerhalb von Minuten zu extremen Temperaturstürzen führen. Bei Missachtung werden hier auch hohe Geldbußen verlangt. Das Ankommen im Kloster Roncesvalles ohne viele Pilger ist ein tolles Erlebnis.

Ab Ponferrada über den Winterweg

Der „Camino de Invierno“, auch Winter Camino genannt, mit seinen besonders auch im Winter landschaftlich so reizvollen 10-12 Etappen durch sämtliche galicischen Provinzen umgeht die höheren Berglagen des Camino Frances. Auch hier gibt es eine kleine Auswahl an Herbergen und Unterkünften für winterliche Pilger. Sehenswerte Natur- und Kulturdenkmäler gibt es auch auf dem Winterweg. Exemplarisch genannt seien an dieser Stelle etwa das UNESCO-Welterbe der beeindruckenden Kulturlandschaft „Las Médulas“ beim Abzweig des „Camino de Invierno“ vom „Camino Francés“ in Ponferrada (León), wo sich vom 1. bis zum 3. Jahrhundert die wichtigste und ertragreichste Goldmine des Römischen Reiches befand.

Camino de Invierno
Quelle: Asociación Caminos a Santiago Pola Ribeira Saca, caminodeinvierno.com
Jakobsweg Länge Buen Camino

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